Tag 5: Gratkletterei rund um das Silvrettahorn
Am nächsten Tag ging es früh um 6:30 Uhr los. Die gesamte Bergkette, die wir vier Tage lang vor Augen
hatten, wollten wir an diesem Tag überschreiten. Zunächst stiegen wir vorbei an atemberaubenden
Wasserfällen zügig zum Ochsentalergletscher auf. Die ersten Meter auf dem Gletscher gingen schnell und problemlos. Anstatt dem Normalweg Richtung Silvrettahorn zu folgen, bogen wir links ab und hatten eine steile Firnwand vor uns. Schon im Anstieg fragten wir uns, wie wir da hoch kommen sollten.
Angekommen kam noch die Schwierigkeit dazu, dass zu Beginn der Firnwand ein nicht allzu kleiner
Bergschrund klaffte. Daher sind wir die ersten Meter weiter in Gletscherseilschaft gelaufen und haben erst nach dem Bergschrund die Seile aufgenommen. Der Aufstieg war für uns alle fordernd. Auch wenn der Trittfirn sehr guten Halt bot, hatten wir Respekt vor der ca. 40 Grad steilen Firnwand. Oben angekommen, nahmen wir unser Ziel, das Signalhorn (3210 m), in Augenschein. Aufgrund der Steilheit und Ausgesetztheit entschieden wir uns für das gestaffelte Klettern. Gegen 10:30 Uhr haben wir alle unser erstes Gipfelkreuz der Tour erreicht. Nach einem schnellen Abstieg entschied sich noch ein Teil der Gruppe, auf das Egghorn (3147 m) zu steigen.
Da der Grat vom Egghorn Richtung Silvrettahorn sehr brüchig und schwer zu klettern ist, mussten wir die
Firnflanke wieder absteigen, was für den Kopf mindestens ebenso fordernd war wie der Aufstieg. Der
weitere Aufstieg zum Silvrettahorn gestaltete sich weitgehend problemlos. Kurz vor dem Gipfelaufbau
haben wir im gleitenden Seil eine ausgesetzte Stelle überwunden. Gegen 14 Uhr erreichten wir alle das
Gipfelkreuz des Silvrettahorns (3244 m). Von dort folgten wir dem Grat zum Piz Grambola (3190 m) –
Pauls Warnung im Kopf, sich nicht von der brüchigen Flanke verführen zu lassen, sondern immer am Grat in gutem Fels zu bleiben – und gingen von dort weiter zur Schneeglocke (3223 m), die wir gegen 17 Uhr erreichten.
Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit traten wir schnell den Abstieg über den Klostertaler Gletscher zur
Klostertaler Hütte, einer Selbstversorgerhütte, an. Angekommen auf der Hütte machten wir uns erstmal
daran, Feuer zu machen. Hungrig von unserer sehr ausgedehnten Tour blieben von den 1,5 kg Spaghetti
mit Pesto nichts übrig. Auch wenn der Schnaps auf der Hütte schon aufgebraucht war, konnten wir
gemeinsam auf eine eindrucksvolle Tour, die uns allen noch lange in Erinnerung bleiben wird, anstoßen
und Paul ein Danke für einen tollen und einzigartigen Fortgeschrittenenkurs aussprechen.